Original Article: The Future of Writing: Tightening Up our Communications, From Just Not Sorry to SEO

Übersetzt mit freundlicher Unterstützung von Academic Language Experts. (Translation courtesy of Academic Language Experts)

academic language experts logo

Den ersten Entwurf für diesen Beitrag verfasste ich direkt in Gmail, weil ich ein viel diskutiertes neues Browser Plug-In ausprobieren wollte, das mir dabei helfen sollte, Just Not Sorry zu sein (oder anders ausgedrückt: nichts zu bedauern).

Die App kontrolliert meine Schreibgewohnheiten, macht mich darauf aufmerksam, wenn ich in einen entschuldigenden Ton verfalle, und liefert eine knappe Erklärung, warum meine Wortwahl möglicherweise die eigentliche Absicht meiner Aussage untergräbt. Dahinter steht die Theorie, dass Frauen sich häufiger entschuldigen als Männer, und die App soll weiblichen Nutzern dabei helfen, das zu ändern.

Das Entwicklerteam hinter der App ist vielfach dafür kritisiert worden, dass sie das Problem der Wortwahl als ein geschlechterspezifisches Phänomen präsentieren. Kritische Stimmen argumentieren, dass die App selbst sexistisch ist, weil sie voraussetzt, dass (a) Frauen eine sanftere Sprache benutzen als Männer (es ist unklar, ob die Tatsachen diese Behauptung stützen – meine etwas oberflächlichen Nachforschungen ergaben jedenfalls keine eindeutigen Beweise dafür), und dass (b) dieses Problem dadurch gelöst werden kann, Frauen zu raten, sich eine härtere Sprechweise anzueignen, anstatt Männern nahezulegen, sanfter zu sprechen (und damit verbunden eben die Voraussetzung, dass Männer nicht ohnehin schon genauso häufig wie Frauen eine weiche Sprache verwenden, da das ja in vielen Situationen hilfreich und diplomatisch ist).

Abgesehen von der Genderfrage finde ich die Just Not Sorry-App dennoch interessant in Bezug auf die Rolle, die Computerprogramme in der Rationalisierung von Lektoratsvorgängen spielen könnten. Diese Programme müssen nicht notwendigerweise automatisch Entschuldigungsfloskeln herausfiltern, sondern könnten (weibliche wie männliche) Nutzer dabei unterstützen, jedes Wort sorgfältig zu wählen und überflüssige Wörter zu löschen. Wie ich oben bereits angedeutet habe, kann eine „entschuldigende“ oder „indirekte“ Sprache ja manchmal nützlich sein, um eine unangenehme Nachricht abzumildern (das Video mit Steven Pinker, das David noch vor Weihnachten gepostet hatte, geht auch darauf ein). Es stimmt aber durchaus, dass Floskeln wie „ich denke, dass“, „vielleicht“, oder „eben“ oft nicht nötig sind, und die App könnte so programmiert werden, dass sie diese und andere Füllworter herausfiltert (wie etwa „bei allem Respekt“, „ich persönlich finde“, oder die vielen Tautologien, Versprecher, unsinnigen Worte, Mondegreens, etc., die unsere Verständigung erschweren). Das Entwicklerteam ist offen für Vorschläge, und künftige Neuauflagen könnten eine größere Rolle dabei spielen, Autoren und Autorinnen beim Lektorieren ihrer eigenen Texte zu unterstützen.

Im Zusammenhang mit der Frage, wie viel Zeit wir eigentlich mit dem Korrigieren unser eigenen Texte verbringen, welche Fähigkeiten wir dafür benötigen, und welche Ziele wir verfolgen, denke ich zurück an ein SEO-Seminar, an dem ich letzten Monat während der Jahreskonferenz der British Ecological Society teilnahm (siehe Slides und Bericht). Das Seminar zielte darauf ab, die Bedeutung der Suchmaschinenoptimierung von Publikationen zu erläutern, die letzten Endes von zwei Faktoren abhängt: Sprache und Links.

Der sprachliche Aspekt ist im Grunde genommen ein Selbstkorrekturprozess mit dem Ziel, Texte nicht nur der menschlichen Leserschaft, sondern auch den automatisierten „Lesern“ zugänglich zu machen. Natürlich werden die Algorithmen von Suchmaschinen ständig neu kalibriert, aber in unserem Seminar gingen wir gemeinsam eine Liste von allgemein akzeptierten Erkenntnissen durch: das Prinzip des perfekten Mittelmaßes für Schlagwörter (nicht zu breit und nicht zu eng gefasst); die Notwendigkeit, diese Schlagwörter konsistent in der Zusammenfassung zu verwenden, ohne den Text damit zu überladen; und die Herausforderung, Überschriften kurz und informativ zu halten.

Letzteres war vermutlich der faszinierendste Teil des Workshops, da so viele Autoren und Autorinnen (mich selbst eingeschlossen) dazu neigen, ihre Titel in zwei Teile zu gliedern, einen ersten „ansprechenden“ Teil, gefolgt von einem zweiten, eher beschreibenden Teil. (Witold Kieńć gibt hierfür ein anschauliches Beispiel in seinem OpenScience Blogbeitrag: „‚Therapie X senkte die Sterblichkeit für Krankheit Y in einer Gruppe von 40 Männern‘ was ein viel besserer Titel ist als ‚Sieg über einen unsichtbaren Gegner: Erfolg im Kampf gegen Krankheit Y mit Therapie X.‘“). Letztere Überschrift mag einem wohl eher ins Auge stechen, wenn man das Inhaltsverzeichnis überfliegt, aber wer tut das heutzutage überhaupt noch?

Unser wichtigster Leser ist Google, und Google bevorzugt kurze Titel. Nicht zufällig hat eine weitere Studie (letzten August in Open Science bei der Zeitschrift der Royal Society veröffentlicht) gezeigt, dass Artikel mit kürzeren Überschriften häufiger zitiert werden. Sie sind nicht nur einfacher zu verstehen, sondern werden auch mit großer Wahrscheinlichkeit von den Suchmaschinen höher gelistet und daher schneller gefunden. Es ist also vermutlich kein Zufall, dass unter den meistbesprochenen Artikeln von 2015 (laut Altmetric 100) kein einziger war mit einem Titel gemäß der Formel „Aufhänger:Information”.

Wie das bei Konferenzen so üblich ist, war nur ein Bruchteil der Konferenzbesucher:innen in unserem Seminar anwesend. Die Teilnehmenden befanden sich an ganz unterschiedlichen Punkten in ihrer Karriere, doch alle schienen diese Ratschläge nützlich zu finden und machten sich Notizen. So wäre es doch offensichtlich hilfreich, einige einfache Tipps auch noch weiter zu verbreiten – aber wie? Sicher, Verlage und Institutionen könnten mehr SEO-Training in ihre Richtlinien für wissenschaftliches Schreiben integrieren, aber nicht jeder greift auf diese Resourcen zurück. Ein Hilfsmittel, das wir jedoch alle verwenden, ist Schreibsoftware. Ich frage mich, ob Authorea, Overleaf, oder vielleicht sogar Microsoft Word sich nicht ein paar Dinge von Just Not Sorry abschauen und in Zukunft integrierte Schreibtipps anbieten könnten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen wohl eher nicht lernen, eine weniger zurückhaltende Sprache zu benutzen, aber viele von uns könnten davon profitieren, unsere Kommunation zu straffen – für unsere menschlichen Leser:innen als auch für die Maschinen.

Charlie Rapple

Charlie Rapple

Charlie Rapple is co-founder of Kudos, which showcases research to accelerate and broaden its reach and impact. She is also Vice Chair of UKSG and serves on the Editorial Board of UKSG Insights. @charlierapple.bsky.social, x.com./charlierapple and linkedin.com/in/charlierapple. In past lives, Charlie has been an electronic publisher at CatchWord, a marketer at Ingenta, a scholarly comms consultant at TBI Communications, and associate editor of Learned Publishing.

Discussion

Leave a Comment